Die Personen in der Umwelt

Kinder und Erwachsene

Bei den Innenpersonen eines multiplen Menschen gibt es, wie Du vielleicht schon selbst gemerkt hast, alle Altersstufen. Da die Innenpersonen meistens nicht altern (es sei denn, sie wollen es selbst so), sondern in dem Alter stehengeblieben sind, in dem sie entstanden sind, wirst Du auch mit sehr, sehr unterschiedlichen Menschen konfrontiert.

Aber auch hier gilt: Jeder von ihnen möchte ganz normal behandelt werden. Wenn Du draußen einem Kind begegnest, wirst Du sicher auch nicht unbedingt über die Relativitätstheorie mit ihm diskutieren und wenn Du einem Erwachsenen begegnest, wird er Dich wohl sehr schief anschauen, wenn Du über Förmchen im Sandkasten plauderst.

Wie Du Dich Erwachsenen gegenüber verhalten solltest, weißt Du ja sicher aus Deiner Umwelt. Mit Kindern umzugehen, halten viele Menschen für schwierig, aber das ist es gar nicht. Man muß sich nur mit jedem Menschen, ganz gleich welcher Altersstufe, auf seiner gedanklichen Umgebung unterhalten. Wie oben schon angedeutet: Was hilft es, in komplizierten Sätzen über komplizierte Dinge zu sprechen, wenn Du mit einem Kind sprichst, das diese Dinge noch gar nicht versteht (es sei denn, es wäre hochbegabt)? Versuche einfach, Dich in die Gedankenwelt eines Kindes hineinzuversetzen und Du wirst feststellen, daß es auf einmal ganz leicht ist, Gespräche zu entwickeln. Kinder möchten nämlich, entgegen der Meinung vieler Erwachsener, ebenso ernst genommen werden. Wenn Du sie nicht beachtest oder nicht für so wichtig hältst, dann verletzt Du sie genauso, wie es auch bei einem Erwachsenen der Fall wäre.

Dazu könnte man sicher noch einiges schreiben, aber hier soll es ja speziell um multiple Menschen gehen. Darum möchte ich speziell auch auf die Kinder bei den Innenpersonen hier noch eingehen. Zu dem, was ein Kind in der Außenwelt ausmacht, kommt bei einem inneren Kind die ganze traumatische Erinnerung, die es sein ganzes Leben bisher erleben mußte. Viele innere Kinder hatten nie die Gelegenheit, Kind zu sein, wie man es heutzutage eigentlich für alle Kinder für selbstverständlich hält. Sie wurden auf brutalste Weise mißbraucht und in eine Welt der Erwachsenen hineingezwungen, die selbst die Psyche eines Erwachsenen in den meisten Fällen völlig brechen würde. Trotzdem schaffen es die Kinder, ein Kindsein wiederzuentdecken, wenn sie den inneren sicheren Ort gefunden haben und feststellen, daß ihnen nichts mehr böses passiert. Wenn sie Vertrauen fassen, kommen einige von ihnen sogar nach draußen, überwinden ihre Angst und gehen ihrer natürlichen Neugier nach.

Da ist dann der Punkt, wo es auf Dich ankommt. Kinder werden in wohl den meisten multiplen Systemen besonders gut von innen beschützt, normalerweise steht immer mindestens eine andere erwachsene Innenperson im Hintergrund bereit, um einzuschreiten, wenn dem Kind Gefahr droht, um es sofort nach innen in Sicherheit zu bringen. Wenn Du dem Kind hilfst, ein wenig von seiner Scheu vor der Außenwelt zu verlieren, wirst Du ihm sehr viel helfen, die schönen Seiten dieser Welt wieder ein wenig mehr sehen zu dürfen - bisher haben sie dazu noch keine Gelegenheit gehabt (die meisten von ihnen). Bedenke bei den Kindern immer, daß sie viel direkter auf Handlungen oder Stimmen reagieren als ein Erwachsener.

Wenn ein Erwachsener im Dunkeln steht, hat er sicher auch Angst, je nachdem vielleicht sogar Panik. Aber er kann versuchen, die Angst zu überwinden und als Konsequenz den Lichtschalter finden. Ein Kind wird vielleicht nicht daran denken, und es bleibt bei der Panik - es kann sogar eine neue Teilung zur Folge haben.

Wenn Du einem Kind draußen eine Tafel Schokolade schenkst, wird es sich vielleicht freuen, sie mitnehmen und essen. Aber ein inneres Kind hat gerade solche Dinge oft erleben müssen als "Belohnung" für eine Vergewaltigung, und mußte sie vielleicht sogar von irgendwelchen Körperteilen herunterlecken. Das darfst Du niemals vergessen, wenn Du mit einem inneren Kind umgehst, denn ein einfaches Geschenk kann für das innere Kind eine große Angst oder Flashbacks bis hin zu erneuter Teilung besonders bei einem noch nicht stabilen System bedeuten.

Das heißt nicht, daß sich die Kinder eines multiplen Systems nicht auch über Geschenke freuen könnten, im Gegenteil. Aber gerade bei den ersten Malen mußt Du dem Kind erst einmal ganz vorsichtig näherbringen, daß ein Geschenk nicht bedeutet, daß es etwas dafür tun muß. Daß es einfach so etwas bekommen kann, für das keine Gegenleistung erwartet wird. Es wird eine Weile dauern, bis es soweit ist, laß ihm einfach soviel Zeit wie dazu notwendig ist. Und nicht zuletzt kannst Du dann auch einfach mal fragen, was sich das Kind wünscht, was es gern als Spielzeug hätte oder welche Süßigkeiten es mag zum Beispiel.

(Hier wäre ein geeigneter Platz, auch mal die Kinder zu Wort kommen zu lassen, falls es eins gibt, das gern mal beschreiben würde, wie es diesen ersten Kontakt zu ganz normalen und nicht bösen Menschen außen erlebt hat und wie es sich wünschen würde, daß die Außenwelt auf sie zukommt.)